Tagebuch einer Sporlerin

1985 - 1989

Tagebuch aus einem Rodlerleben

Saison 1985/86
12.01.1986 Endlich ist es soweit: heute darf ich endlich mein erstes Rennen fahren. Wir haben ja schon lange genug daraufhin trainiert, meine beiden Rodelkollegen und ich. Also - auf nach Oberperfuß. Das Rennen ist vorbei: bin 2. geworden, mein Rückstand riesengroß. Auf der Geraden bin ich immer auf die Schneewände gefahren. Und da stand auch noch ein Streckenposten, der das gesehen hat. Oh, wie peinlich!
09.02.1986 Fast jedes Wochenende sind wir irgendwo bei einem Rennen. Heute war ein Rennen in Oberhofen. Bin in der Klasse Jug. weiblich 3. geworden. Sportwart Engl Kaneider hat gesagt, dass ich schon bald in den Kader aufgenommen werden, wenn ich weiterhin solche Leistungen bringe.
23.03.1986 Die Tiroler fahren nach Welschnofen zum Rennen. Ich darf auch mit. Einmal ein Rennen, das im Ausland stattfindet, aber international kann ich noch nicht mithalten...

Saison 1986/87

Eine neue Saison beginnt. Mein Ziel ist die Tiroler Meisterschaft, die heuer bei mir daheim in Inzing stattfindet.
05.01.1987 Ein Lauf der Tiroler Meisterschaft ist vorbei und ich führe! Morgen ist noch ein Lauf!
06.01.1987 Bin 2. geworden. Es hat geschneit, und viele haben gesagt, dass es von Vorteil gewesen wäre, wenn ich ein paar Kilo mehr gehabt hätte.
16.01.1987 Heute war Training für die Österreichische Meisterschaft in Rietz. War 9. von 14.
18.01.1987 Bin bei der Österreichischen Meisterschaft 6. von 14 geworden. Das mit meiner Rodel haut aber nicht so ganz hin. Die Fahrspur beträgt 5mm, aber das von hinten nach vorn!


Fast jedes Wochenende ein anderes Rennen. Immer unterwegs - so ist das Rodlerleben.

Saison 1987/88

20.12.1987 Wir fahren Mitropacup in Feld/See. Bin 3. geworden.
31.01.1988 Bin in Dellach österr. Vizemeisterin in der Jugendklasse weiblich geworden. Im letzten Lauf bin ich sogar Bestzeit gefahren! Es war ein außergewöhnliches Rennen - wie das Wetter, zuerst Regen, Schnee, Blitz und Donner und am letzten Tag schönes Wetter und richtig kalt.
28.02.1988 Habe das Fontan-Gedenkrennen in Schönberg gewonnen und bin nur um 0,68 Sek. hinter der Tagesbestzeit der Damen geblieben.
05.03.1988 Heute und morgen fahren wir zwei Rennen in Bruck an der Glocknerstraße. Heute bin ich 2. geworden. Aber nur ganz knapp. Abends in der Unterkunft ging's lustig zu. Wir haben gegenseitig die Betten "zerlegt" - vom Polster bis zur Matratze wurde alles herausgenommen. Plötzlich stand mein Vater neben mir. "Warst du da auch dabei?!?" "Nein, ich hab nur zugeschaut." Wie soll man auch einem so unschuldigen Blick wie meinem misstrauen!??
06.03.1988 Habe das heutige Rennen in Bruck gewonnen. Bin in beiden Läufen Bestzeit gefahren.

Saison 1988/89

16.01.1989 Österr. Meisterschaft in Feld/See: Bin in meiner Klasse nur 5. geworden. Ich kann das Kehren fahren nicht und verliere dort die Zeit.
29.01.1989 Großer Preis von Österreich in Trins: 2. Platz. Nicht schlecht, oder?
05.02.1989 Großer Preis von Deutschland in Kreuth: 2. Platz hinter einer Italienerin. Ein großer Erfolg für mich!

1990 - 1995

Tagebuch aus einem Rodlerleben

Saison 1989/90
11.02.1990 Meine erste Junioreneuropameisterschaft (in Zelezniki) ist vorbei. Bin 11. geworden. Schade, dass das Rennen auf eine andere Bahn verlegt wurde - die vielen Kehren waren einfach nicht mein Ding. Die andere Bahn wäre mir mehr gelegen.

Saison 1990/91

29.12.1990 Verbandsoffenes Rennen in Schönberg. In der Zielkurve "frisst" es m ich. Ergebnis: Rodel kaputt und blaue Flecken. Meine Eltern und ich fahren zum Bachmann. Der hat eine neue Rodel, die mir passt, und wir kaufen sie.
30.12.1990 Die neue Rodel muss ausprobiert werden. Ich fahre ein Rennen in Kärnten und gewinne.
20.01.1991 Österreichische Staatsmeisterschaft in Prein/Rax/NÖ: ich werde 3. in der allg. Klasse Damen. Ein toller Erfolg! Ich bin echt happy!
26.02.1991 Wir fahren zur Europajuniorenmeisterschaft nach Kandalakscha/Russland. In Moskau müssen wir 16 Stunden auf einem Flughafen verbringen, weil wegen Nebel kein Flug möglich ist.
28.02.1991 Nationentraining: Bin nicht schlecht, gehöre zu den Besten.
01.03.1991 Training: Bin zufrieden. Liege noch immer gut.
02.03.1991 Nach zwei Läufen bin ich nur 6., aber ich habe noch Chancen auf die Bronzemedaille.
03.03.1991 Elvira Europameisterin, Marion Mittelberger 3., ich 5. Bin fix und fertig.

Saison 1991/92

Mein Ziel ist die Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Bad Goisern, aber leider klappt es nicht.
18.01.1992 Österreichische Staatsmeisterschaft der allg. Klasse in Niedernsill/Salzburg. Im 1. Rennlauf stürze ich im Ziel-S, fliege auf den Gegenhang, die Rodel hinter mir nach. Ich rapple mich wieder auf und fahre noch durchs Ziel. Ergebnis: nur blaue Flecken und ein kleiner Schnitt am rechten Oberarm. Habe Glück im Unglück! Darüber bin ich froh, aber wie wär's, wenn wir das Unglück mal wegließen!?
19.01.1992 Fahre noch die beiden Rennläufe, aber nach dem Sturz ist das alles nicht so einfach...
26.01.1992 Österreichische Juniorenmeisterschaft in Götzis/Vorarlberg. Ich werde 2. Nach dem 1. Lauf bin ich nur 4., nach dem 2. Lauf 3. und schließlich 2. Aber meinen Sturz von Niedernsill hab ich noch immer nicht verkraftet.
16.02.1992 Europajuniorenmeisterschaft in Stange: 7. Platz. No comment!

Saison 1992/93

10.01.1993 Österreichische Juniorenmeisterschaft in Bad Goisern. Wiedermal nur der 2. Platz. Nach dem 1. Lauf hab ich noch geführt, aber am Ende haben mir 0,15 Sek. auf den Sieg gefehlt. Das kann einen echt fertig machen...
24.01.1993 Weltcup in Oberperfuß. Ich qualifiziere mich und beende mein erstes Weltcuprennen an 5. Stelle.
31.01.1993 Europameisterschaft in Stein/Enns. Habe keine Chance. Kämpfe mit mir und der Bahn: 12. Platz.
07.02.1993 Qualifiziere mich wieder für den Weltcup in Gummer und werde 7.
12.02.1993 Europajuniorenmeisterschaft in Finnland. Ich hoffe nur, dass ich nicht Startnummer 1 habe. Gott sei Dank: Startnummer 2.
13.02.1993 Zu früh gefreut: es gibt keine Nummer 1! War im Training zweimal an der 4. Stelle. Die Italiener reden davon, dass sie bei den Mädchen alle drei Medaillen holen.
14.02.1993 Bin 3. geworden. Hinter zwei Italienerinnen und vor einer Italienerin. Bin vollauf zufrieden!

Saison 1993/94

Inzwischen habe ich Matura gemacht und freue mich schon auf die neue Saison. Eine neue Altersregelung führt dazu, dass ich noch ein Jahr in der Juniorenklasse starten kann.
11.01.1994 Hab's endlich geschafft! Bin in Grundlsee/Steiermark Österr. Juniorenmeisterin geworden. Endlich! Habe lange darauf gewartet!
17.01.1994 Habe mich für den Weltcup in Völs/Schlern/ITA qualifiziert und werde 5. und damit zweitbeste Österreicherin. Bin zufrieden!
31.01.1994 Meine erste Weltmeisterschaft in Gsies ist vorbei. Bin 7. geworden. Nach zwei Läufen war ich sogar 5. aber im letzten Lauf bin ich zu sehr mit Gewalt gefahren...
13.02.1994 Bin in Längenfeld Vize-Europameisterin bei den Junioren geworden. Hätte sogar die Chance auf Gold gehabt, aber ich hab den 2. Lauf vertan. Im letzten Lauf bin ich dann Bestzeit gefahren. Bin trotzdem happy!
20.02.1994 Weltcup in Polen: 7. Platz. Ich kann einfach nicht mehr. Bin körperlich total fertig. Bei den Junioren und in der allg. Klasse mitzufahren, das zehrt einfach an der Kondi.

Saison 1994/95

Seit August arbeite ich bei Tyrolean Airways. Mit dem Schichtdienst kommt das Training etwas zu kurz, aber ich will im Winter unbedingt wieder rodeln.
03.01.1995 Hatten heute den ersten Tag der Tiroler Meisterschaft. Den Nachtrag von ‘94 (Junioren) habe ich gewonnen. Ja, und dann hatten wir den 1. Rennlauf für die TM ‘95, und ich führe!
04.01.1995 Bin Tiroler Meisterin geworden! Taugt mir!!
16.01.1995 In Obdach bei der Staatsmeisterschaft bin ich 3. geworden. Nach dem 1. Lauf war ich 2., aber im 2. Lauf hab ich einen Stein erwischt, und die Kante auf einer Seite war futsch, und ich bin nur mehr herumgerutscht. Für den 3. Lauf mussten wir dann eine andere Schiene montieren und die ist nicht so gut gelaufen. Naja, kann man nix machen, aber 3. ist ja auch gut.
12.02.1995 Weltcupfinale in Stein/Enns/Steiermark. 3. Platz - zum ersten Mal im Weltcup am Stockerl. Freu mich riesig!
26.02.1995 In Russland bei der Europameisterschaft werde ich 4. Das Rennen ist aber ein einziger Witz und keiner will das Endergebnis überbewerten. Die Bahn ist total hupfig ("wegen der einen Bodenwelle braucht man sich nicht aufzuregen" - Zitat eines FIL-Menschen - aus datenschutzrechtlichen Gründen wird keine Name bekanntgegeben).
28.02.1995 Bin schon wieder voll im Arbeitsstress...

1995 - 2001

Tagebuch aus einem Rodlerleben

Saison 1995/96
26.-30.12.1995 1. Weltcuprennen in Finnland: 3. Platz. 2. Weltcuprennen in Finnland: 4. Platz. Bin ganz gut drauf!
03.01.1996 Tiroler Meisterschaft in Oberperfuß: Elvira und ich machen das Unmögliche möglich und werden ex aequo Tiroler Meisterin. Haben wir gelacht, wo wir doch vor dem 2. Lauf dauernd gesagt haben, dass wir das so machen. War echt eine Riesengaudi!
21.01.1996 Doppelweltcup in Landskron/Kärnten. 1. Rennen: nach zwei Läufen führe ich, aber es reicht wiedermal nur für den 2. Platz. Beim 2. Rennen werde ich 3.
28.01.1996 Weltmeisterschaft in Oberperfuß: Bin 3. geworden!! Bin sehr zufrieden, denn mein Ziel "Medaille" habe ich erreicht. Es war echt ein super Rennen, v.a. vor sovielen Zuschauern zu fahren, war ein einmaliges Erlebnis.
30.01.1996 Die Arbeit hat mich wieder. Aber es sind noch ein paar Weltcuprennen ausständig, d.h. für mich von Montag bis Donnerstag arbeiten und von Freitag bis Sonntag rodeln.
Im Gesamtweltcup werde ich in dieser Saison 2. Vielleicht wäre mal ein Weltcupsieg möglich gewesen, aber neben der Arbeit geht das einfach nicht. Der Schichtdienst und das Rodeln sind nicht gerade die beste Kombination.

Saison 1996/97

Inzwischen habe ich aufgehört zu arbeiten und bin unter die Studenten gegangen. Diese Saison ist nicht gerade die Beste für mich. Im Gesamtweltcup werde ich 4., und das mit nur einem Punkt Rückstand.

Saison 1997/98

3. und 4. Weltcuprennen in Oberperfuß: 2. und 3. Platz. Nach dem 7. Platz beim Weltcup in Kronplatz/ITA geht die Formkurve wieder nach oben.
01.02.1998 Weltmeisterschaft in Finnland: 4. Platz - wiedermal Blech. Dabei fehlen mir nur 0,15 Sek. auf den 3. Platz und 0,17 Sek. auf den 2. Platz. Aber so ist das eben.
08.02.1998 Weltcup in Zelezniki/Slowenien: Im 2. Lauf fahre ich Bestzeit und schiebe mich knapp hinter die führende Italienerin, aber ein Fehler im letzten Lauf macht meinen Traum vom Sieg zunichte. Schließlich werde ich 3.
Den Gesamtweltcup beende ich an 2. Stelle. Ein toller Erfolg!

Die Saison 1998/99 ist wohl die schlimmste meiner Karriere. Man könnte sie auch die Saison der Hundertstel nennen - die Hunderstel, die immer gegen mich sprechen:


1. Weltcup Gletscher-Sölden 0,07 Sek. auf Platz 3
Österr. Staatsmeisterschaft 0,04 Sek. auf Platz 2
5. Weltcup Aurach 0,07 Sek. auf Platz 4
6. Weltcup Aurach 0,09 Sek. auf Platz 3.

Wer würde da nicht verzweifeln? Nach dieser Saison hatte ich die Nase voll und wollte nichts mehr vom Rodeln wissen. Bis August - da entschied ich mich, doch noch eine Saison dranzuhängen, um zu zeigen, dass ich aufs Stockerl fahren und eventuell sogar ein Weltcuprennen gewinnen kann.
Saison 1999/2000

19.12.1999 1. Weltcuprennen Oberperfuß: 2. Platz. Bin happy! Nach so langer Zeit endlich mal wieder am Stockerl!
02.01.2000 Tiroler Meisterschaft in Umhausen: Kreuzschmerzen plagen mich, aber nur die Harten kommen durch: 2. Platz.
09.01.2000 Die Österreichische Staatsmeisterschaft in Hüttau ist vorbei. Im 1. Lauf bin ich eine Traumzeit gefahren. Im 2. Lauf hatte ich Probleme mit meiner Schiene (zu scharf, auch wenn andere etwas anderes behaupten, aber ich bin doch so gut, dass ich gespürt habe, dass es an der Schiene lag). Trotzdem führe ich noch, aber im 3. Lauf riskiere ich zuviel und werde wie schon so oft 2. Warum kann es einfach nie klappen??! Ich bin echt fertig! Viele verstehen es nicht, aber mir hätte ein Sieg viel bedeutet!
15.01.2000 Weltcup in Garmisch: Ich kämpfe mit der Bahn, werde ab er trotzdem 3.
19.01.2000 Parallelbewerb in Völs/Schlern. Ich gewinne!! Man braucht gute Nerven. Mit meinem Sieg habe ich bewiesen, dass ich die habe (auch wenn es einige Zweifler gab/gibt).
22.01.2000 Weltcup in Gummer: 3. Platz - wieder ein Platz auf dem Podest. Ein gutes Omen für die WM?
29.01.2000 Weltmeisterschaft: habe meine "Blechene" verteidigt. Mein (Vater) Trainer will bei der Rodel was ändern fürs Weltcuprennen in Stein.
06.02.2000 Weltcup in Stein/Enns: nur der 6. Platz. Das mit dem neuen System funktioniert nicht.
13.02.2000 Weltcup in Zelezniki: Ich fahre wieder mit dem alten System - kein Vergleich! Nach dem 1. Lauf bin ich 4., aber mit einem Fehler im 2. Lauf vergebe ich die Chance aufs Stockerl. Bin total angefressen und will gar nicht mehr nach Aosta fahren. So ein weiter Weg und was bringt's? Die nächsten Tage sind von einem regelrechten Kampf zwischen meinen Eltern (Du fährst nach Aosta!) und mir (Ich fahre nicht!) geprägt. Am Mittwoch entscheide ich mich dann, doch mitzufahren. Ich bereite mich mental vor und vergesse die negativen Dinge der Saison.
24.02.2000 Die Bahn in Aosta ist total neu für mich. Ich präge sie mir gut ein - bei 20 Kurven gar nicht so einfach!
25.02.2000 Im Training läuft's halbwegs, aber die Italienerinnen sind sehr stark!
26.02.2000 Im 1. Rennlauf fahre ich Bestzeit!
27.02.2000 Noch zwei Läufe! Es wird einfach gutgehen. Diesen Sieg habe ich schon lange verdient. Nach dem zweiten von drei Läufen führe ich noch ganz knapp mit 0,11 Sek. Im 3. Lauf starte ich also als Letzte. Im unteren Teil ist die Bahn durch die Sonne und die Startverschiebung um eine halbe Stunde schon ganz weich. Auf der Zielgeraden "ziehe ich meinen A... ein", damit ich nicht so sehr mit dem Sitz streife. Ich fahre durchs Ziel, sehe meine Zeit und denke, dass es wieder nicht geklappt hat. Eine halbe Ewigkeit vergeht, bis der Sprecher endlich etwas sagt. Ich habe gewonnen!!! Ich kann's gar nicht glauben. Im letzten Rennen der erste Sieg! Endlich mal ganz oben stehen - ich hab mein Ziel erreicht und ein Traum ging in Erfüllung!

 

Nun sitze ich also hier und lasse meine Rodelkarriere revue passieren. Es war ein schöne, aber auch eine harte, lehrreiche Zeit.
"Nur wer die Tiefen durchlebt, weiß die Höhen zu schätzen!" Ich habe in meiner Laufbahn zwar nur einen Weltcupsieg feiern können, aber ich weiß diesen Sieg sehr zu schätzen. Für mich ist dies der krönende Abschluss meiner Karriere! Ich glaube, dass nur jemand mein Glück nachvollziehen kann, der weiß, wie es ist, ewige Zweite zu sein! Es gab Zeiten, wo ich nicht mehr an mich bzw. an meinen Erfolg geglaubt habe, aber ich habe nie aufgegeben - und mein Erfolg beweist es!!


Saison 2000/2001
Um meine Karriere nicht so abrupt zu beenden, beschließe ich, bei nationalen Rennen zu starten. Mein Saisonhöhepunkt soll die österreichische Staatsmeisterschaft sein.
03.12.2000 Verbandsoffenes Rennen in Navis: Die ganze Nationalmannschaft ist am Start, denn der heurige Winter lässt etwas zu wünschen übrig, und es gibt es keine präparierten Rodelbahnen. So ist jeder froh, wenn er ein paar Meter zum Fahren hat. Ich sitze das erste Mal auf der Rodel - ich hab's nicht verlernt und gewinne vor meiner ewigen Konkurrentin Elvira Holzknecht.
27.12.2000 Elvira stürzt bei einem Ausscheidungsrennen in Südtirol und zieht sich einen offenen Knöchelbruch zu. Damit fällt sie für den Rest der Saison aus. Gerhard Pircher tritt im Namen der österreichischen Nationalmannschaft an mich heran und bittet, dass ich für Elvira "einspringe". Die jungen Fahrerinnen sollen einfach ein Zugpferd haben.
30.12.2000 Ich entscheide mich dafür, noch eine Saison dranzuhängen. Nicht für mich, sondern für die Mannschaft.
04.01.2001 Ich feiere meinen zweiten Weltcupsieg beim Rennen in Umhausen. Diesmal höre ich endlich die österreichische Nationalhymne. Es ist schon ein tolles Gefühl!!
06.01.2001 Beim zweiten Weltcuprennen in Unterammergau fahre ich mit Laufbestzeit im zweiten Lauf noch von Rang vier auf Rang zwei nach vorne. Der Sieg war nicht möglich, weil ich im ersten Lauf von oben bis unten mit meinem Sitz gestreift bin und so wertvolle Zeit verloren habe.
14.01.2001 Weltcuprennen in Lüsen: Trotz Krankheit schaffe ich als 3. den Sprung aufs Podest.
21.01.2001 Die Heim-WM in Stein an der Enns ist vorbei: Ich hole die Bronzemedaille für Österreich! Nach meinen zwei "Blechenen" in den vergangenen Jahren ist das ein toller Erfolg!

 


10.02.2001 Beim Weltcup in Moskau werde ich Fünfte. Schon auf den ersten 20 Fahrsekunden verliere ich rund 0,60 sec., und ich weiß nicht warum. Ich denke, es hängt damit zusammen, dass ich im Training gegen die Wand gefahren bin und meine Rodel verstoßen ist.
17.02.2001 Weltcupfinale in Hüttau: Ich habe noch Chancen auf den Gesamtweltcupsieg. Im Training fahre ich zweimal zweite Laufzeit. Es sieht also nicht so schlecht aus. Im ersten Rennlauf verstehe ich aber die Welt nicht mehr. Ich mache keine Fehler und verliere trotzdem über eine Sekunde auf die Schnellste. Im zweiten Lauf dasselbe - ich werde nur 9. und damit im Gesamtweltcup Dritte. Aus der Traum vom Gesamtweltcupsieg!
Die folgende Analyse ergibt, dass ich bei den letzten beiden Weltcuprennen mit dem Material zu kämpfen hatte. Da sich durch die Nässe das Holz veränderte, mussten wir dies vom Rodelbauer wieder reparieren lassen und dabei ist die richtige Einstellung meiner Rodel verloren gegangen - und damit auch die Möglichkeit, schnell zu fahren!

25.02.2001 Mit 1,83 sec. Vorsprung werde ich endlich Österr. Staatsmeisterin! Die Einstellung meiner Rodel passt inzwischen wieder - das Rodeln macht mir wieder Spaß, und damit stellt sich auch der Erfolg mit ein!

Es ist also nun in etwa ein Jahr her, dass ich gesagt habe, dass ich meine Karriere beende. Nach dem 9. Platz beim WC in Hüttau plagt mich aber mein Ehrgeiz. Ich weiß, dass ich gewinnen kann, und wenn es irgendwie möglich ist, will ich das auch nächsten Winter wieder beweisen.

2001 - 2002

Tagebuch aus einem Rodlerleben

Saison 2001/02

Seit April 2001 stehe ich mit beiden Beinen im Berufsleben. Ich habe einen tollen Job bekommen und vor allem dem Sport gutgesinnte Vorgesetzte. Im August steht fest, dass ich auf alle Fälle noch eine Saison anhänge.

Durch das Ausbleiben des Schnees Anfang Winter habe wir fast keine Möglichkeit zu trainieren und so starte ich beim ersten Weltcuprennen in Olang nicht mit allzu vielen Hoffnungen, denn die Italiener und Russen haben doch schon einige Kilometer an Trainingsfahrten hinter sich.

Beim ersten Weltcuprennen in Olang werde ich 5., doch ich bin zufrieden, denn ich bin nicht allzu weit vom Stockerl entfernt. Beim zweiten Weltcup der ebenfalls in Olang am selben Wochenende stattfindet, werde ich dann wieder als beste Österreicherin 3.

Zum Ausruhen bleibt nicht viel Zeit, denn schon drei Tage später steht der nächste Weltcup auf dem Programm : Parallelweltcup in Triesenberg. Die Qualifikation fürs Rennen gewinne ich, d.h. ich fahre im ersten Rennlauf gegen die Letzte der Qualifikation -eine Russin. Ich gewinne und als nächste steht mir die Weltcupgesamtsiegerin der Vorjahres, Lavrentjeva (RUS) gegenüber. Nach hartem Kampf gewinne ich auch dieses Duell. Im Finale wartet dann eine schwere Aufgabe auf mich: Sonja Steinacher , ihres Zeichens regierende Weltmeisterin. Im 1. Lauf verschenke ich durch einen Fehler in der Zielkurve kostbare Zeit, die ich auch im 2. Lauf nicht mehr gut machen kann. Ich werde aber gute 2.

Das 3. Weltcuprennen findet erst im Jänner in Umhausen statt. Kurz vor dem Rennen bin ich auf neues Material umgestiegen, d.h. alles ist noch in der Testphase. Nach dem ersten Lauf bin ich Zweite hinter Sonja Steinacher, aber ich rechne mir noch Chancen auf den Sieg aus. Bei der letzten Zwischenzeit habe ich noch die absolute Bestzeit, doch nach einem Fehler in der Zielkurve verliere ich soviel Zeit, dass ich „nur" 3. werde.

Hüttau ist Station des 4. Weltcuprennens. Auf der Bahn habe ich schon so einige Tiefschläge erlebt und so ist es für mich ein ganz Besonderes Rennen. Nach dem ersten Lauf bin ich an 5. Stelle. Ich bewahre Nerven und mit einem guten 2. Lauf werde ich mit knappem Rückstand von neun Hunderstel 2. Für mich ein tolles Ergebnis, weil ich vor allem meinen inneren Schweinehund bekämpfen musste.

Das Weltcupfinale findet am letzten Jännerwochenende auf der nächstjährigen WM-Bahn in Zelezniki statt. Die Bahn liegt auf etwa 1.500 m Seehöhe und wurde erst im vergangenen Jahr neu errichtet. Im ersten Rennlauf fahre ich eine tolle Bestzeit, die dann trotz eines Fehlers im zweiten Lauf noch zum Sieg reicht. Ich bin echt happy, dass ich es wieder ganz nach oben geschafft habe.

 

Ein gutes Omen für die Heim-Europameisterschaft, die am darauffolgenden Wochenende vor der Tür steht?

Im letzten Trainingslauf für die EM fahre ich Bestzeit. Ich fühle mich eigentlich gut. Aber nach dem ersten Rennlauf finde ich mich nur auf Rang 9 wieder. Wir hatten Probleme, das Material auf die durch Wärmeeinbruch immer schwieriger werdenden Bahnverhältnisse einzustellen. In den nächsten beiden Läufen kann ich mich zwar noch auf Rang 5 vorkämpfen, aber zufrieden bin ich nicht.

Im Nachhinein gesehen war es aber wieder eine sehr erfolgreich Saison. Trotz Arbeit (meine Dienstverhältnis wurde auf 20 Stunden pro Woche reduziert) war ich bei allen internationalen Rennen beste Österreicherin und bei fünf von sechs Weltcuprennen immer auf dem Stockerl.

Meine Freude am Rodeln und mein Ehrgeiz sind nach wie vor ungebrochen und ich hoffe, dass meine Vorgesetzten für noch eine Saison beide Augen zudrücken und mich so gut wie möglich freistellen.

Saison 2002/03
Der Winter beginnt eigentlich recht frühlingshaft. Der Schnee lässt eine halbe Ewigkeit auf sich warten und das erste Weltcuprennen muss auf Jänner verschoben werden. So ist am 20./21. Dezember der Parallelbewerb in Völs/Schlern (ITA) das erste Weltcuprennen.
Am ersten Tag, an dem die Trainings- und Qualiläufe stattfinden, geht es mir gar nicht gut. Ich habe Kopfschmerzen (Migräne) und kann mich am Start kaum aufwärmen. Auch mit der Konzentration klappt es nicht. Ich bin irgendwie total daneben. Das merke ich dann auch schon im ersten Lauf, wo ich gleich mal die Bretterwand "küsse". Jedenfalls schaffe ich als 8. gerade noch die Qualifikation fürs Rennen. Im ersten Duell scheide ich aus. Eine Möglichkeit mich zu verbessern gibt es nicht, denn fürs Rennen zählen für die Plätze 5 bis 8 die Zeiten aus der Qualifikation.

Das nächste Weltcuprennen findet am 10./11. Jänner in Umhausen statt. Ich bemühe mich wirklich, doch es läuft einfach nicht. Langsam zweifle ich daran, ob ich überhaupt noch rodeln kann. Im zweiten Rennlauf fahre ich dann die drittbeste Laufzeit und werde als beste Österreicherin 5.
Nach dem Rennen stellt sich dann heraus, dass meine Rodel verstoßen war und ich deshalb keine Zeiten mehr bringen konnte. Zum nächsten Rennen soll dann eigentlich wieder alles passen.

Weltcuprennen in Moskau (16.-19. Jänner): Ich muss meine Angst überwinden - und ins Flugzeug einsteigen. (Es gibt viel schönere Dinge als FLIEGEN). Die Bahn in Moskau ist nicht allzulang. Eine Bahn, auf der es sehr aufs Material ankommt, nur eine Stelle, wo man leicht bremsen muss. Im ersten Trainingslauf läuft's noch nicht ganz so gut, doch im zweiten Trainingslauf fahre ich Bestzeit. ...Beim Rennen komme ich dann über Rang 8 nicht hinaus. Langsam bin ich echt am Verzweifeln!!!

Nachdem ich auch in Moskau wieder die Bretterwand touchiert habe, lassen wir die Rodel nochmals genau einstellen und kümmern uns (eigentlich mein Vater=Betreuer) um eine optimale Einstellung. Die Tage vor dem Weltcup in Hüttau nütze ich trotz leichter Erkältung zum Trainieren und es scheint echt wieder alles zu stimmen.

Am Freitag (24. Jänner) abend fahren wir nach Hüttau. Mir geht's gesundheitlich nicht ganz so gut, aber ich hoffe, dass ich bis zum nächsten Tag wieder halbwegs fit bin. Dies ist leider nicht der Fall und so fahre ich nur einen Trainingslauf - mehr schaffe ich einfach nicht. Ich liege den ganzen Nachmittag flach und hoffe, dass es mir bis zum Rennen am Sonntag wieder besser geht. Ich fahre die zwei Rennläufe und werde schlussendlich 6. Dass es mir besser geht, hab ich mir wohl nur eingeredet, denn im Nachhinein muss ich zugeben, dass mir die Kraft und auch die Konzentrationsfähigkeit gefehlt haben.

Am Dienstag gehe ich dann zum Arzt, der mir Bettruhe verordnet und absolutes Sportverbot erteilt. Den Weltucp in Kindberg muss ich krankheitsbedingt auslassen. Ich habe eine starke Bronchitis und bin wohl gerade noch an einer Lungenentzündung vorbeigerutscht. Eine Woche später gibt mir dann der Arzt grünes Licht! Gott sei Dank, denn schon zwei Tage später beginnt die Weltmeisterschaft in Zelezniki.

Wir haben drei Trainingsläufe. Natürlich habe ich einen Trainingsrückstand, weil es im heurigen Winter für mich die ersten Fahrten auf dieser Bahn sind. Aber dafür halte ich mich eigentlich ganz gut. Die Krankheit hat zwar an meinen Kräften gezehrt, aber man weiss ja: nur die Harten kommen durch...
Nach dem ersten Rennlauf bin ich ex aequo mit Elvira auf Rang 6. Es fehlen aber nur 0,34 sec. auf Rang drei. Nach dem zweiten Rennlauf habe ich mich mit einer guten Laufzeit auf Rang 4 vorgekämpft. Im alles entscheidenden dritten Lauf passiert mir bei der Einfahrt in eine der wichtigsten Kurven ein schwerer Fehler und so verfehle ich als beste Österreicherin die Medaillenränge um nur 0,16 sec. Das tut wirklich WEH!
Aber es muss weitergehen:

Das Weltcupfinale findet eine knappe Woche später in Olang statt. Als Zuschauerattraktion wird das Rennen als Nachtbewerb ausgetragen. Der erste Trainingslauf ist ein Nachtlauf, der zweite Trainingslauf findet am Nachmittag statt. Nach dem Training bin ich recht zuversichtlich, dass ich eine gute Platzierung einfahren kann, doch nach dem ersten Rennlauf muss ich all meine Hoffnungen begraben. Zwischen den Rennläufen erkläre ich meinen Eltern, dass ich einfach nicht genug sehe, weil es so dunkel ist.
Meine Mum reagiert dann eigentlich als einzige: gleich am nächsten Tag fahren wir nach Innsbruck und versuchen, bei einem Optiker einen Termin zu bekommen. Hier muss ich wirklich Werbung für die Firma FIELMANN machen. Hier habe ich kurzfristig einen Termin bekommen. Der Optiker hat meine Augen ausgemessen und festgestellt, dass ich auf dem linken Auge 0,5 und auf dem rechten Auge 0,75 Dioptrin habe. Er erklärt mir, dass es dadurch auch zu Problemen beim Rodeln kommen kann, weil man (auch bei relativ geringer) Kurzsichtigkeit, Distanzen nicht mehr so gut abschätzen kann. Bei schlechten Lichtverhältnissen werden diese Probleme dann noch verstärkt.

Endlich habe ich eine Erklärung, warum es in dieser Saison einfach nie gelaufen ist. Bei der WM habe ich genau in der Kurve einen schweren Fehler gemacht, wo man vom Licht in den Schatten gefahren ist. Und die meiste Zeit habe ich immer im schattigen Bereich verloren.
Am nächsten Tag fahren wir noch nach Olang zum Trainieren, damit ich mal sehe, wie es ist, mit Kontaktlinsen zu fahren. Meine Eltern behaupten, dass es nun wieder eine Freude ist, mir beim Fahren zuzusehen. Wir beschließen dann, dass wir auf alle Fälle noch zur Staatsmeisterschaft nach Eisenkappl fahren.

In Eisenkappl angekommen, fühle ich mich gleich wie zu Hause. An fast jeder zweiten Haustür prangt ein Bild von mir: für die Plakate für die Staatsmeisterschaft haben die Veranstalter zufällig ein Rodelfoto von mir aus dem Internet heruntergeladen. Im Stillen denke ich mir, dass es jetzt noch super passen würde, wenn ich das Rennen gewinnen könnte.
Aber nach dem Training bin ich mir nicht sicher, ob ich das schaffen kann. Ich fahre in beiden Trainingsläufen die 2. Zeit, habe aber einen relativ großen Rückstand von 0,70 bis 0,80 sec. pro Lauf. Gemeinsam gehe ich mit meinem Dad nochmal die Strecke entlang, aber ich frage mich, wo ich die Zeit hernehmen soll.
Am nächsten Tag findet der erste Rennlauf statt. Als ich durch's Ziel fahre, bin ich mit meinem Lauf zufrieden. Mir ist eigentlich kein großer Fehler passiert. Als ich höre wie der Sprecher sagt "und sie pulverisiert die Bestzeit", kann ich es kaum glauben. Nach dem ersten Lauf habe ich bereits 1,40 sec. Vorsprung auf die Zweitplatzierte. Ich bin eine super Zeit gefahren, die so mancher Herr nicht geschafft hat. Auch im zweiten Lauf fahre ich nochmal eine super Zeit und schlussendlich gewinne ich mit einem Vorsprung von 2 Sekunden.
Ich bin überglücklich - Dank dem Erfinder der Kontaktlinsen! Nachdem ich diese Saison so hart gekämpft habe, ist dieser Sieg einer der schönsten in meiner Laufbahn!

Eine Woche später findet noch die Tiroler Meisterschaft in Oberperfuss statt, doch schon im ersten Lauf verliere ich 4 Sekunden, da ich in der Startkurve einen Fremdkörper erwische und mir die linke Schiene komplett ruiniere. (Ich muss mal nachfragen, ob man irgendwo ein paar Kilo GLÜCK kaufen kann!?) Im zweiten Lauf fahre ich zwar 1 Sekunde schneller als meine Konkurrenz, aber da ist nur noch Schadensbegrenzung möglich.

Diese Saison war sicherlich eine der härtesten für mich. Zeitweise habe ich schon an mir gezweifelt, aber man sieht es gab eine logische Erklärung für meinen Leistungsrückgang. Gott sei Dank haben wir herausgefunden, woran es lag. Und jetzt, wo ich wieder den vollen Durchblick (im wahrsten Sinne des Wortes) habe, reizt es mich schon sehr, noch eine Saison anzuhängen. Ich kann nur hoffen, dass mein Vorgesetzer meine Situation versteht und es mir nochmal ermöglicht, eine Saison anzuhängen.

2003 - 2005

Saison 2003/04

Anscheinend wird mit dem Alter mein Ehrgeiz immer mehr. Schon nach Abschluss der Saison 2002/2003 weiß ich , dass ich unbedingt noch ein Jahr anhängen will. Ich bin voll motiviert und beginne bald mit dem Training für die kommende Saison. Ich fühle mich ganz gut - bis zum dem Tag, als mein Herz anfängt zu stolpern. Nachdem die Stolperer immer mehr werden, lasse ich das ganze bei Dr. Lotz abklären. Er vermutet eine Herzmuskelentzündung und erteilt mir Sportverbot. Zwei Wochen lang stopfe ich Tabletten in mich hinein und mache nur Spaziergänge. Nachdem der Internist feststellt, dass die Herzbeutelentzündung abgeheilt ist, bekomme ich wieder grünes Licht fürs Training. Aber Training heißt dann Grundlagenausdauer und vorläufig keine extremen Anstrengungen. Naja, gerade beruhigend ist das Gefühl nicht, aber ich trainiere so gut wie möglich und nachdem auch bei der Sportuntersuchung im Dezember nichts festgestellt wird, kann die Saison beginnen. Wäre da nur ein Problem: der fehlende Schnee!

Um vor dem ersten Weltcuprennen wenigstens ein paar Fahrten zu bekommen, fahren wir nach Südtirol zum Training, denn im Gadertalsteht die Bahn.
In Olang findet dann das erste Weltcuprennen statt. Im Training bin ich irgendwo um Rang 10 zu finden, aber ich mach mir eigentlich keinen Kopf! Aufgrund der schlechten Witterung wird nur ein Lauf auf verkürzter Bahn gefahren. Der Start ist extrem wichtig, weil's flach weggeht. Das Sommertraining zahlt sich aus: mit einer super Startzeit und einem passablen Lauf werde ich Dritte! Nach über einem Jahr endlich wieder am Stockerl - Herz, was willst Du mehr!

Der nächste Weltcup steht in Canada auf dem Programm, aber da fällt mir das Herz in die Hose! Ich kann meine Flugangst nicht überwinden und bleibe daheim! Das heißt bis zum nächsten Weltcup in Garmisch ist viel Zeit zum Trainieren, aber auch keine Möglichkeit, mich mit meinen Konkurrentinnen zu messen. Beim Training in Garmisch fahre ich zweimal drittbeste Zeit. Doch bei steigenden Temperaturen und immer weicher werdender Bahn reicht es dann nur für Platz 4, und das obwohl ich keine großen Fehler gemacht habe!

„Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein..." Getreu diesem Motto steige ich in den Flieger nach Moskau, wo das nächste Weltcuprennen stattfindet. Die Temperaturen sind endlich mal winterlich (-17°C). Die Bahn ist ziemlich unruhig und erlaubt keine Fehler. Mir gelingen keine fehlerfreien Läufe und so werde ich schlussendlich Fünfte.

Zwei Wochen später steht dann der Saisonhöhepunkt - die Europameisterschaft in Hüttau - auf dem Programm. Im internen Training bin ich ganz gute Zeiten gefahren, und ich hoffe, dass ich mein Ziel „Medaille" erreichen kann. Aber von Trainingslauf zu Trainingslauf werden meine Hoffnungen geringer. Aufgrund eines Warmwettereinbruchs wird die Bahn immer weicher und von Läufer zu Läufer immer unruhiger. Nach dem ersten Rennlauf finde ich mich dann auf Platz 12 wieder. Warum, weiß ich eigentlich nicht so recht, denn ich hab keinen größeren Fehler gemacht und auch am Video ist nichts zu erkennen. In den nächsten beiden Läufen kann ich mich noch etwas „steigern" und lande ich gerade noch unter den Top 10. Ich bin enttäuscht und frustriert, v.a. weil ich nicht weiß, woran es liegt.

Die nächsten Tage nutze ich für Materialtests und stelle fest, dass alle meine Schienen nicht laufen und dann gehe man mal mit gestärktem Selbstvertrauen ins nächste Weltcuprennen, das als Parallelbewerb in Liechtenstein ausgetragen wird. Ich rechne mir aus, dass ich das Finale der letzten Acht erreichen kann, aber dann wird wohl Endstation sein.

Im Achtelfinale wartet auch schon eine schwere Gegnerin auf mich: Renate Kasslater aus Italien, Zweite im Gesamtweltcup. Im ersten Lauf versäumt Renate den Start und mit dem Polster komme ich nach dem zweiten Lauf weiter ins Viertelfinale. Dort erwartet mich die Trainingsschnellste Renate Gietl/ITA. Als ich im ersten Lauf - auf der etwas langsameren Bahn - in etwa gleich schnell bin wie Renate, sehe ich die Chance, weiterzukommen. Und siehe da! Ich schaffe es und stehe somit im Finale. Ich hab eine „Mordsgaudi", weil ich einen Stockerlplatz fix habe. Im Finale stehe ich der nächsten Italienerin gegenüber: Barbara Abart. Im ersten Lauf riskiere ich am Start alles (ich dachte schon, es sei ein Fehlstart) und kann mir einen relativ großen Vorsprung herausfahren. Im zweiten Lauf starte ich auf der langsameren Strecke, die inzwischen auch schon durch die vielen Läufe etwas in Mitleidenschaft gezogen ist. Aber ich mach mir nicht viele Gedanken darüber und fahre „meinen" Lauf. Die Zielpassage meistere ich mit Bravour und dann... GEWONNEN!! Ich kann es kaum fassen! Jeder Sieg ist etwas Besonderes! Nach knapp zwei Jahren endlich mal wieder ganz oben auf dem Treppchen!

Mit meinem Sieg hab ich mich auf Rang drei im Gesamtweltcup geschoben, aber in Aurach steht noch der Finalbewerb auf dem Programm. In den beiden Trainingsläufen liege ich ganz gut, aber der Wettergott hat keine Einsehen mit mir. An den beiden Renntagen treibt der Föhn sein Unwesen und die Bahn wird immer weicher. Gerade im zweiten Lauf fahre ich fehlerfrei und riskiere auch, aber auf die Schnellsten verliere ich 1,5 bis 2 Sekunden und damit auch meinen dritten Rang im Gesamtweltcup. Ich werde gesamt 4. und verstehe die Welt nicht mehr. Anschließend an das Rennen habe ich noch ein aufschlussreiches Gespräch mit den Mitarbeitern der Firma Rodelbau Torggler. Man erklärt mir, dass etwas an meinem Material nicht stimmen kann...

Wir lassen das Material also noch mal abstimmen und testen auch, aber so auf die Schnelle ist es schwierig, herauszufinden, woran es liegt.

Als Saisonabschluss findet noch die Staatsmeisterschaft in Preitenegg in Kärnten statt. Ich hab eigentlich wenig Lust zu dem Rennen zu fahren, aber schlussendlich geht es doch darum, meinen Titel zu verteidigen. Die Bahn hat sehr lange Laufstücke und schon im Training bin ich mit meinen Zeiten - im Gegensatz zu den Männern nicht zufrieden. Mit Laufbestzeit im ersten Lauf und zweitbester Zeit im zweiten Lauf verteidige ich meinen Titel erfolgreich, aber ich merke einfach, dass irgendetwas mit meinem Material nicht stimmt.

Herauszufinden, was nicht stimmt und wie man es verbessern kann, hab ich mir als Ziel für die kommende Saison gesteckt! Mit einem optimal abgestimmten Material möchte ich beweisen, was eine „alte Dame" noch so alles kann...

Saison 2004/05
Bereits im Sommer arbeiten wir am neuen Material und hoffen auf baldige Fahrten auf Eis, aber das Wetter macht uns mal wieder einen Strich durch die Rechnung. Ende Oktober können wir zwar schon ein paar Fahrten am Pitztaler Gletscher absolvieren, aber im November lässt das Wetter kein Gletschertraining mehr zu.
Einzige Bahn, die bereits gegen Ende November befahrbar ist, ist Campill in Südtirol. Nicht gerade der nächste Weg, aber was tut man nicht alles, um ein paar Fahrten zu ergattern. Wir bekommen das Material ganz gut in Griff und für den Weltcupauftakt in Canada, hoffen wir, noch die nötige Feinabstimmung zu finden. Doch dann wird auch der Überseeweltcup wegen Schneemangels abgesagt. Als Ersatz findet Mitte Dezember der Weltcupauftakt in Campill statt.
Im Training erreiche ich nur die Ränge sechs und sieben, aber im Rennen kann ich mich wieder voll motivieren und liege nach dem ersten Lauf ex aequo mit der späteren Siegerin Renate Gietl auf Rang zwei. Im zweiten Lauf fahre ich wiederum die zweitbeste Zeit und werde schließlich Zweite und bin total happy. Ein Stockerplatz ist einfach immer super!

Der nächste Weltcupbewerb findet erst am 7./8. Jänner in Unterammergau statt. Wir hoffen also, dass wir bis dahin auch in Österreich eine Bahn zum Trainieren haben, aber aufgrund des Warmwetters ist die Bahn in Umhausen erst ab 28. Dezember befahrbar und so gehen uns im Vergleich zu den Italienern viele Trainingsfahrten ab. Ich bin ziemlich am Material testen, aber so ganz komm ich mit der Einstellung noch nicht klar.

Am 3. Jänner findet in Umhausen die Tiroler Meisterschaft als Nachtbewerb statt. Ich gewinne, bin aber mit meinen Zeiten und der Materialabstimmung noch nicht zufrieden.
Am 5. und 6. Jänner soll die Staatsmeisterschaft in Aurach ausgetragen werden, aber da es mal wieder extrem warm ist, muss das Rennen nach Umhausen verlegt werden. Nach dem ersten Lauf bin ich mit 0,05 sec. Zweite hinter Marlies Wagner. Im zweiten Lauf greife ich nochmal voll an und trotz eines Fehlers im unteren Teil, kann ich das Rennen für mich entscheiden und meinen Titel erfolgreich verteidigen.

Bereits einen Tag später geht's zum Weltcup nach Unterammergau und schon im Training fahren uns die Italienerinnen um die Ohren. Ich komme mit meinem Material einfach nicht zurecht. Im Rennen bin ich bei der ersten Zwischenzeit jedesmal auf Rang eins, aber in den Kehren lasse ich extrem viel Zeit liegen und werde schlussendlich nur Siebte. Ich weiß, dass ich die Materialeinstellung ändern muss und daher beschließe ich, noch am selben Tag zum Training nach Oberperfuß zu fahren. Ich teste erstmal in der Startkurve und gewinne einige verwertbare Erkenntnisse. Danach beschließen wir, dass wir noch zwei Fahrten bis ins Ziel machen. Und im letzten Lauf, in der letzten Kurve passiert es: kurz vor dem Einfahren zieht es mich im Grieß leicht in Richtung Bretterwand und als ich einfahren will, stehe ich mit meiner Rodel hinten an der Bretterwand an und komme von der Wand nicht mehr weg. Ich rattere also an der Bretterwand entlang und dann bremst es meine Rodel her und ich "steche" mit meinen Spikes an der Bretterwand ein und fange das ganze Gewicht ab. Unglücklicherweise macht meine Rodel noch eine Richtungsänderung nach links und mir ist sofort klar, dass ich mir ziemlich weh getan habe. Ich versuche aufzustehen, aber kann nicht mehr auftreten oder humpeln. Mit dem Akia werde ich ins Ziel und mit der Rettung in die Klinik transportiert. Diagnose: im rechten Sprunggelenk Innenband gerissen und Außenband eingerissen. Eigentlich hab ich noch Glück im Unglück, da ich mir nichts gebrochen habe, doch das ist nicht wirklich ein Trost.

Am nächsten Tag kontaktiere ich gleich meinen Arzt Dr. Andi Lotz. Ich frage ihn, wann ich wieder rodeln könne und er sagt mir, frühestens in drei Wochen. Für mich bricht eine Welt zusammen und ich sage ihm, dass die Weltmeisterschaft in 2 1/2 Wochen stattfindet. Und auf diesen Zeitpunkt arbeiten wir hin. Die Prellung schafft mir ziemlich Probleme und ohne Krücken ist keine Fortbewegung möglich. Ich will aber unbedingt bei (meiner letzten) WM an den Start gehen. Vier Tage vor Rennbeginn bin ich erstmals ohne Krücken unterwegs - mehr schlecht als recht, aber es geht. Zwei Tage vor Rennbeginn mache ich die ersten Testfahrten, aber aufgrund des Tapeverbandes kann ich nicht bremsen. Dr. Lotz legt mir den Tapeverband neu an - ich kann zwar kaum gehen, aber rodeln ist möglich. Und das ist ja das Wichtigste!?

Ich bin bei der WM am Start, aber mir fehlen natürlich die Trainingsfahrten, die alle anderen auf der WM-Bahn fahren durften. Ich kann mich trotzdem von Lauf zu Lauf steigern und werde schlussendlich als zweibeste Österreicherin Siebte und bin in Anbetracht meiner Verletzung sehr zufrieden, denn 100%-ig fit war ich sicherlich nicht. Mein Dank gilt Dr. Andi Lotz, der es mir durch die super ärztliche Betreuung überhaupt erst ermöglicht hat, an den Start zu gehen!

Zwei Wochen später möchte ich noch das IC-Cup Rennen in Umhausen fahren, aber die Fahrten bei der WM haben meinem Fuß nicht gutgetan und nach Rücksprache mit Dr. Lotz beende ich die Saison vorzeitig.

Inzwischen geht es meinem Fuß wieder besser und ich möchte sehr gerne noch eine Saison anhängen, denn vom vergangenen Winter hatte ich ja nicht wirklich viel. Trotzdem bin ich stolz, dass ich mich überwunden habe und trotz meiner Verletzung noch eine so tolle Leistung erzielen konnte!